Seit dem sog. Bienenstichfall (BAG Urteil vom 17.05.1984, Az.: 2 AZR 3/83) müssen Arbeitsgerichte in regelmäßigen Abständen über die Frage entscheiden, ob der Verzehr unbezahlter Lebensmittel eine fristlos Kündigung rechtfertigt oder nicht. Die Entscheidungen fielen dabei unterschiedlich aus. So entschied das Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 18.09.2009, Az.: 13 Sa 64/09, dass der Verzehr von Brötchenbelag für die außerordentliche fristlose Kündigung nicht ausreichend sei. Wie kontrovers diese Frage durch die Arbeitsgerichte beurteilt wird, zeigt unter anderem der sog. „Maultaschenfall“. Während das Arbeitsgericht Lörrach mit Urteil vom 16.10.2009, Az.: 4 Ca 248/09, urteilte, dass die Mitnahme von 6 Maultaschen für eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung ausreichend sei, sah das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Az. 9 Sa 75/09, den Fall etwas differenzierter und schlug einen Vergleich vor.
Aktuell hatte sich das Arbeitsgericht Neunkirchen mit Urteil vom 12.10.2011, Az.: 2 Ca 856/11 mit der Thematik zu beschäftigen und entschied zu Lasten einer Bäckereifachverkäuferin.
Die beklagte Bäckerei hatte das seit dem Jahr 2004 mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt. Sie hatte die Kündigung auf den Vorwurf gestützt, dass die Klägerin zwei von ihr selbst zubereitete Omeletts gegessen und sich ein Brötchen belegt und mitgenommen habe, ohne diese zu bezahlen. Der Verkaufspreis dieser Lebensmittel betrug 12,75 €. Die Betriebsordnung der Arbeitgeberin enthält die Regelung, dass die Mitarbeiter Waren, die sie essen oder kaufen wollen, in die Kasse eingeben sowie bezahlen müssen. Das Gericht sah es nach der Vernehmung von Zeugen als erwiesen an, dass die Klägerin zumindest ein Omelett selbst zubereitet und verzehrt sowie ein belegtes Brötchen nach der Arbeit mitgenommen hat, ohne diese Lebensmittel zu bezahlen. Die Kammer sah darin einen wichtigen Grund, der die Arbeitgeberin zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigte. Sie setzte sich mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im „Fall Emmely“ auseinander und bewertete bei der Interessenabwägung die Begleitumstände des Vorfalls sowie das nachfolgende Verhalten der Klägerin zu deren Nachteil. Gegen dieses Urteil ist eine Berufung beim Landesarbeitsgericht Saarland möglich.“ (Quelle: Pressemitteilung, Arbeitsgerichte Saarland)
Auch in diesem Fall bleibt abzuwarten, ob das Urteil des Arbeitsgericht Neunkirchen bestand haben oder durch die Berufungsinstanz aufgehoben wird. Entscheidend bei dieser Frage ist grundsätzlich die im Einzelfall vorzunehmende Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und denen des Arbeitsnehmers.
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