Einführung
Ausgangslage der hiesigen Betrachtungen ist folgender Sachverhalt. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erwirbt ein bebautes Grundstück. Die Wohnungen dieser Immobilie sind vermietet und zwar schon vor dem Erwerb durch die GbR. Die Gesellschaft beabsichtigt nun die Begründung von Sondereigentum (Teileigentum und/oder Wohnungseigentum) und teilt auch entsprechend das Grundstück auf. Die einzelnen Gesellschafter werden dem Gesellschaftsvertrag folgend im Rahmen der Auseinandersetzung der GbR jeweils zu Wohnungseigentümern. Es folgt die Eigenbedarfskündigung gegenüber dem Mieter.
Im Einzelnen
Grundsätzlich besteht im Rahmen des § 577a Abs.1 BGB eine Kündigungsbeschränkung des Wohnungserwerbers gegenüber dem Mieter, wenn dieser schon in der Wohnung lebte bevor die Umwandlung in eine Eigentumswohnung erfolgte. Die Beschränkung ist dergestalt kodifiziert, dass innerhalb von drei Jahren ab Veräußerung eine auf § 537 Abs.2 Nr.2, 3 BGB (Eigenbedarf, wirtschaftlich angemessene Verwertungsabsicht) gestützte Kündigung ausscheidet.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 23.11.2011 – VIII ZR 74/11) hat jedoch entschieden, dass die Vorschrift des § 577a BGB keine Anwendung findet, sollte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts schon vor der Umwandlung in Wohnungseigentum Eigentümerin und Vermieterin des aufzuteilenden Grundstücks sein und einer oder mehere oder alle Gesellschafter Eigenbedarfsgründe vorweisen können. Nicht mehr nötig ist die Stellung als Gesellschafter im Zeitpunkt des Immobilienerwerbs der GbR. Ein nach Erwerb erfolgter Gesellschaftsbeitritt reicht fortan aus, um § 577a BGB seine Wirksamkeit zu nehmen.
Als Begründung führt der BGH an, die Eigenbedarfslage des (ehemaligen) Gesellschafters – der nunmehr auseinandergesetzten GbR - sei nicht erst mit der Umwandlung in Eigentumswohnungen entstanden, sondern bereits zuvor angelegt und eine Eigenbedarfskündigung durchsetzbar gewesen.
Dies folge daraus, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Vermieterin wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen (BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 271/06) kann.
Einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist der Eigenbedarf eines Gesellschafters deshalb zuzurechnen – obwohl auch nach Ansicht des BGH die GbR in erster Linie Trägerin der Rechte und Pflichten ist und nicht die Gesamtheit der Gesellschafter und diese nur akzessorisch haften – weil es im Ergebnis nicht gerechtfertigt wäre, sie anders zu behandeln als die einfache Vermietermehrheit. Es hänge oft vom Zufall ab, ob eine Personenmehrheit dem Mieter eine Wohnung als Gemeinschaft oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts vermiete. Auch bei einer Miteigentümergemeinschaft, die eine Wohnung vermietet habe, könne die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung von später hinzutretenden Bruchteilseigentümern gegeben sein.
Ein gewaltiger Unterschied zwischen der GbR und Bruchteilsgemeinschaften ist jedoch, dass sich der Erwerb bei der GbR ohne Grundbucheintragung vollziehen kann, indem einfach die Gesellschaftsanteile übertragen werden. Das Grundbuchamt erfährt mitunter erst Jahre später vom Übergang der Rechte auf den oder die neuen Gesellschafter. Weiterhin bleibt zu bemerken, dass die GbR teils gegründet wird, um den Gesellschaftsanteil im Todesfall eines Gesellschafters am Nachlass und an Pflichtteilsberechtigten vorbeizusteuern, teils um keine Grunderwerbssteuer zu entrichten und um den Formerfordernissen des § 311 b BGB zu entgehen. Vorteile, die die Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne der §§ 741 ff. BGB (und nach §§ 1008 ff. BGB) nicht genießt.
Im Gegensatz zur Entscheidung vom 27. Juni 2007 öffnet der BGH sogar noch Tür und Tor zum großzügigen Gesellschafterwechsel und damit einhergehender Eigenbedarfsansprüche. In der damaligen Entscheidung bedurfte es nämlich wenigstens noch einer Kündigung des Mietverhältnisses über Wohnraum durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters, der bereits bei Abschluss des Mietvertrages Gesellschafter und nicht erst nach Erwerb der Immobilie in die Gesellschaft eingetreten war.
Man stelle sich vor, eine GbR bestehend aus 10 Gesellschaftern, erwirbt ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück. Nun handelt es sich aber um 10 alleinstehende, ohne Familie lebende Menschen, welche auch noch weiteren Immobilienbesitz haben. Eigenbedarfskündigungen sind hier angenommenermaßen nicht möglich. Nunmehr kann munter der entsprechende Gesellschaftsanteil übertragen werden und ein neuer Gesellschafter mit 5 Kindern meldet jeweils Eigenbedarf für diese an. Es entsteht die Suche nach dem „Eigenbedarfsgesellschafter“, um eine auf § 577a BGB zu stützende Kündigung ohne dreijährige Sperrfrist auszusprechen. Die Rückübertragung des Gesellschaftsanteils nach einem Wegfall des Benötigens der Wohnung versteht sich von selbst.
Zu beachten ist aber, dass wenn sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft nach § 1 Abs. 2a GrEStG gilt.
Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die Berechtigung der KG-Gesellschafter durch das Urteil des BGH vom 23. Mai 2007 (VIII ZR 122/06) nicht entschieden und somit auch nicht in Abrede gestellt war. Dies ist erst mit dem Urteil des BGH vom 15. Dezember 2010 (VIII ZR 210/10) geschehen. Abgesehen von der Inexistenz der Möglichkeit zufälliger Ungleichbehandlungen begründet der Bundesgerichtshof seine Entscheidung mit der Notwendigkeit rechtlicher Sicherheit. Diese Rechtssicherheit gebiete es, die nur als besondere Ausnahme anzusehende Zurechnung des Eigenbedarfs der Gesellschafter bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf diese Gesellschaft zu begrenzen. Bei einer GmbH & Co. KG bestehe die Gefahr, dass der Mieter einer unübersehbaren Zahl von Gesellschaftern gegenüberstehe. Außerdem hätten Kommanditgesellschaften zudem häufig viele dem Mieter unbekannte Kommanditisten, bei denen die Kapitalbeteiligung im Vordergrund stehe und eine sachliche Berechtigung, gegebenenfalls Eigenbedarf geltend zu machen, nicht einsichtig sei. Lediglich der sogenannte Betriebsbedarf kann unter Umständen ein Kündigungsrecht produzieren.
Die Rechtswirklichkeit kennt nun aber auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit 600 Gesellschaftern und mehr. Abgesehen von teilweise unzumutbaren Belastungen der Grundbuchämter ist auch an die Mißbrauchsmöglichkeiten zu Ungunsten redlicher Mieter zu denken.
Das Argument der Rechtssicherheit und die möglicherweise zufällige Ungleichbehandlung von BGB-Gesellschaften und Gemeinschaften greift jedenfalls bei den üblichen „Investment-GbR´s“, welche sich auf renditeträchtige Anlagen spezialisiert haben und bestens beraten sind, nicht.
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