Mit Urteil vom 11.01.2012 – IV ZR 251/10 – führt der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) seine Rechtsprechung fort, wonach der Versicherer bei grob fahrlässiger Verletzung vertraglicher Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer die Leistung in Ausnahmefällen vollständig versagen, bzw., wie in dem vorliegenden Fall, den Schädiger in voller Höhe in Regress nehmen darf.
Ein PKW-Fahrer war an einer Einmündung weder nach links oder nach rechts abgebogen, sondern geradeaus weitergefahren und hatte mit seinem Fahrzeug die Mauer des angrenzenden Grundstücks durchbrochen. Grund für dieses Versagen war eine Alkoholisierung des Fahrers mit 2,1 Promille (Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit: 1,1 Promille).
Die Haftpflichtversicherung durfte in diesem Fall zu Recht den Fahrzeugführer hinsichtlich des von ihr regulierten Schadens in voller Höhe in Regress nehmen.
Der Senat bestätigte die von dem Berufungsgericht vorgenommene und gebotene Abwägung aller Umstände des konkreten Falls. Das Berufungsgericht hatte seiner Abwägung insbesondere zu Grunde gelegt, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs in einem alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustand zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt zählt (Senatsurteil vom 22. Juni 2011-IV ZR 225/10). Auch waren die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen die einzige Ursache für den Unfall. Entlastende Momente waren weder vorgetragen noch ersichtlich.
Diese Rechtsprechung begründet ein hohes Haftungsrisiko für Trunkenheitsfahrer mit oft ruinösen Schadenssummen. Diese Folgen können allerdings derzeit noch durch ein Insolvenzverfahren mit nachfolgender Restschuldbefreiung zeitlich und der Höhe nach begrenzt werden. Die Trunkenheitsfahrt stellt zwar in aller Regel eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung dar. Für daraus resultierende Forderungen gibt es keine Restschuldbefreiung, wenn der Gläubiger sich in seiner Forderungsanmeldung auf diesen Forderungsgrund beruft (§ 302 Nr. 1 InsO). Der IX. Zivilsenat des BGH hat jedoch mit Urteil vom 21.06.2007 – IX ZR 29/06 – die strafbare Trunkenheitsfahrt aus dem Schutzbereich des § 302 Nr. 1 InsO herausgenommen. Der Vorsatz sei nur auf die Trunkenheitsfahrt an sich gerichtet, und nicht auf den damit verursachten Schaden (Vorsatz-/Fahrlässigkeitskombination). Es fehle die insolvenzrechtlich erforderliche Schädigungstendenz.
Ob diese Rechtsprechung auch für Fälle schwerster Alkoholisierung Bestand haben wird, wage ich auch im Hinblick auf die eingangs zitierten Entscheidungen des IV. Zivilsenats zu bezweifeln. Denn in solchen Fällen ist der Schaden jedenfalls grob fahrlässig, wenn nicht sogar mit bedingtem Vorsatz verursacht, also ein Unfall billigend in Kauf genommen worden – don’t drink and drive!