[IITR – 20.2.17] Bundesminister des Innern Herr Thomas de Maizière hat aktuell im Rahmen einer Veranstaltungsreihe Position zum Thema Datenschutz bezogen. Ein „Supergrundrecht“ Datenschutz dürfe es nicht geben. Die Wirtschaft habe ein berechtigtes Interesse am „Dateneigentum“. Aus unserer Sicht fällt dabei insbesondere auf, dass das Unterfangen, dieses Gebiet gesetzlich regeln zu wollen ohne die zentralen Begriffe „Daten“ und „Information“ eindeutig definiert zu haben, uns im so genannten „Datenschutz“ zunehmend auf die Füße fällt.
Innenminister de Maizière greift in seinem Vortrag auf eine Bewertung des Bundesverfassungsgerichts aus 1983 zurück, wonach es rechtlich kein Eigentum an Daten geben könne.
Wie sämtliche Stellen vor ihm vermeidet jedoch auch de Maiziére, eine Positiv-Definition anzubieten für das, was unter Daten verstanden werden soll. Ersatzweise mit Hinweisen arbeiten zu wollen, was Daten demnach nicht sind ist so wenig zufriedenstellend wie die vorgetragene Behauptung, Daten und Information seien identisch.
Seit den Anfängen der Datenverarbeitung in den 1940iger Jahren wird berichtet, wie sich bereits die damaligen Akteure schwer taten, einen Datenbegriff definitorisch zu fassen. Auch das von de Maizière zitierte Bundesverfassungsgericht entsagte einer Definition und verwendete stattdessen eine nicht näher begründete Vermutung, wonach – so de Maizière – es sich bei Daten um einen sachähnlichen Stoff handele.
Es fehlt die Definition für Daten.
Ebenso fehlt eine Definition für Information.
Man darf sich also nicht wundern, wenn der Minister in seinem Beitrag die Daten mit Information gleichsetzt und vielleicht auch deswegen auf den Begriff der Privatheit als eigentliches Schutzgut auszuweichen versucht.
Tatsächlich dürfte das einem Grundrecht gleichzusetzende „informationelle Selbstbestimmungsrecht“ die Privatheit schützen wollen. Allerdings mit einer deutlich erweiterten Zielsetzung, die Freiheit der Gesellschaft insgesamt schützen zu wollen (also frei von Angst vor Überwachung Teil am demokratischen Entscheidungsprozess teilnehmen zu können). Hier besteht ein womöglich über den grundgesetzlichen Schutz von Privatheit hinausreichender gesellschaftsrelevanter Auftrag.
Die von Innenminister de Maizière ausgesprochene Vermutung „Leider vernebeln einige zweifelhafte Grundannahmen die öffentliche Debatte über Datenschutz und Privatsphäre“ greift womöglich weiter, als sich in einer Keynote thematisieren ließe.
Das Vorhaben, Sachverhalte gesetzlich regeln zu wollen ohne die dafür zentralen Begriffe zu definieren gestaltet sich schwierig. Dies könnte einer der Gründe sein, warum den Bürgern, der Wirtschaft und damit der Gesellschaft insgesamt der sogenannte „Daten“-Schutz inzwischen zunehmend auf die Füße fällt.
Wir bezweifeln, dass Daten und Information identisch sind. Dies war – zumindest im Kontext des Bundesdatenschutzgesetzes – einigermaßen Konsens (ohne allerdings auch hier die Begriffe exakt zu definieren). Die EU-Datenschutzgrundverordnung verwendet die Begriffe nun synonym.
Ein Mensch kann keine Daten verarbeiten. Der Mensch ist keine Daten-Verarbeitungsmaschine.
Der Mensch arbeitet mit Information.
Eine Maschine dagegen verarbeitet keine Informationen. Zur Informationsverarbeitung gehört die Bewertung. Eine Maschine ist zur Bewertung nicht fähig.
So nimmt beispielsweise eine Video-Kamera keine Informationen sondern Daten entgegen und verarbeitet und reicht diese Daten beispielsweise an ein Ausgabegerät (z.B. einem Monitor) weiter. Dieses bildet die Schnittstelle zum Menschen, wo dieser die dargebotenen Daten bewertet, mithin als Information entgegen nimmt.
Daten sind der Sphäre der Naturwissenschaft sowie Technik zugehörig.
Hinter Information verbirgt sich ein Vorgang, welcher dem bewertenden (menschlichen) Bewusstsein vorbehalten und damit der Sphäre der Wertung zuzurechnen ist.
Den Versuch einer Definition für die Begriffe Daten, als auch für Information haben wir vor kurzer Zeit als Video veröffentlicht. Dieses findet sich unter folgendem Link.
In diesem Video erklären wir auch den Vorgang des Überganges zwischen Daten und Information, dessen Wirkung womöglich zu den vorliegenden Verständnisschwierigkeiten beiträgt.
Es wird weder einen zufriedenstellenden Datenschutz noch eine sinnvolle gesetzliche Regelung der Datenverarbeitung geben können, solange der Daten- und der Informations-Begriff nicht definiert wird.
Ebenso wenig lässt sich das informationelle Selbstbestimmungsrecht (soweit diesem im Licht der EU-Datenschutzgrundverordnung überhaupt noch zentrale Bedeutung zukommt) ins Leben setzen.
Erst mit der Klärung des Informations-Begriffes kann sich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung entfalten, so eindringlich und gut nachvollziehbar dieses Grundrecht seinerzeit auch durch das Bundesverfassungsgericht begründet worden sein mag.
Die Entwicklung klarer Begriffe zur Sicherstellung der Kenntnis der dahinterstehenden Sachverhalte dürfte für die zunehmend international zu regelnden Vorgänge hilfreich sein.
Daten sind Information?
Das Eine gleichzusetzen mit etwas Anderem, das ebenfalls nicht definiert wird: so etwas muss zu Problemen führen. In diesem Problemkreis befindet sich ein Rechtsgebiet, das wir von jeher falsch als „Datenschutz“ bezeichnen.
Die Probleme werden angesichts der wachsenden Bedeutung der Digitalisierung für die Gesellschaft sowie die Wirtschaft größer.
Wir werden dem Bundesinnenministerium vorschlagen, den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages darum zu bitten, die Begriffe „Daten“ und „Information“ einer Begriffsklärung zuzuführen (und hierbei gerne die Stichhaltigkeit unserer Definitions-Vorschläge für Daten und Information überprüfen zu lassen).
Autor: Eckehard Kraska
Kontakt:
Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska, externer DatenschutzbeauftragterTelefon: 089-1891 7360
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