[IITR – 27.3.17] Im Vorfeld der diesjährigen CeBIT thematisierte Bundeskanzlerin Merkel in ihrem Podcast die Notwendigkeit, ein „Eigentum an Daten“ begründen zu müssen.
Zitat: „Also, wir wollen ja einen digitalen europäischen Binnenmarkt schaffen. Das heißt, wir müssen möglichst vergleichbare Rechtslagen in allen europäischen Ländern haben. Und hier geht es einmal um das Handling von großen Datenmengen; dazu ist die Datenschutzgrundverordnung ganz wichtig für Europa. Auf der anderen Seite geht es dann aber natürlich auch um die Frage: Wem gehören die Daten, um eigentumsrechtliche Fragen. Und hier sind wir noch mitten in der Diskussion.“
Weiter schildert Frau Merkel den geplanten Strukturwandel der Gesellschaft durch den Umbau der Automobilindustrie, in deren Folge die Digitalisierung einen der Motoren der zukünftigen Veränderung darstellen soll. Wem die dabei zur Verwendung kommenden Daten anschließend gehören sollen wird beschrieben mit:
„Aber es ist natürlich wichtig, ob dem Autohersteller die Dinge gehören, oder ob dem Softwarehersteller die Daten gehören.“
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur legte mit einem „Strategiepapier Digitale Souveränität“ nach. Überschrift: „Wir brauchen ein Datengesetz in Deutschland“.
Darin geht es, knapp gesagt, um Alles. Vor allem jedoch zunächst um die Eigentumsfähigkeit an Daten. Weiter werden herausgehoben: Eigentumszuordnung, Transparenz, Verfügbarkeit, Wahlfreiheit.
In den Medien wurde dieses Strategiepapier unter anderem in folgender Weise kommentiert:
„Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will das Eigentumsrecht für Daten neu regeln. Demnach soll künftig rechtlich festgeschrieben werden, dass Daten, die in Fahrzeugen anfallen, rechtlich dem Halter gehören, der das Fahrzeug erworben hat.“ welt.de…
Eine weitere Stimme gab zu bedenken:
Halter sollen Eigentümer von Fahrzeugdaten werden. Wem gehören die Daten, die ein vernetztes Auto generiert? Verkehrsminister Dobrindt hat dazu ganz andere Ideen als Bundeskanzlerin Angela Merkel. Golem.de…
Dazu zitiert Golem aus dem Strategiepapier:
„Das Bundesverkehrsministerium will mit einem neuen Gesetz die Verfügungsrechte über Daten besser regeln. Daten sind im Rechtssinn keine Sachen und dadurch nicht eigentumsfähig. Wir wollen deshalb Daten im Ergebnis mit Sachen gleichstellen und damit die Voraussetzung schaffen, dass diese eindeutig natürlichen oder juristischen Personen als ‚Eigentum‘ zugewiesen werden können.“
Das Zitat ist richtig, der eigentliche Sachverhalt ist jedoch zumindest bezweifelbar.
Wir glauben, dass Daten immer schon als Sache hätten betrachtet werden sollen.
Eine etwaige Verunsicherung mag aus einem Nebensatz des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil zur informationellen Selbstbestimmung aus dem Jahr 1983 herrühren, in der Daten einer geistigen, also flüchtigen, und damit nicht eigentumsfähigen Sphäre zugeordnet wurden. Tatsächlich kann man Daten nur deswegen verarbeiten, speichern und versenden, weil sie gerade dazu auf ihre materielle Existenz angewiesen sind. Auf eine lediglich geistig-flüchtige Sphäre ließe sich technisch nicht einwirken, man kann diese weder verarbeiten, noch speichern oder versenden.
Um der entstandenen Konfusion hinsichtlich der Definition von Daten (und übrigens fast konsequenterweise auch der Definition für Information) etwas entgegensetzen zu können, hatten wir 2016 ein Video erstellen lassen, welches mit den dazugehörigen Erläuterungen im Dezember veröffentlicht wurde: Video ansehen.
Die entstandene Verwirrung durch nicht erfolgte Begriffsbestimmungen führt inzwischen dazu, dass in der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung die Begriffe Daten und Information gleichsam synonym gesetzt werden, und diese Gleichsetzung im derzeitigen Entwurf der BDSG-Novelle von der Bundesregierung übernommen wurde.
Die juristischen Konsequenzen einer nunmehr geplanten Eigentumsfähigkeit an Daten wären bereits für die zur Umsetzung anstehende europäische Datenschutzgrundverordnung beachtlich.
Hingegen würden internationale Vereinbarungen über die EU hinaus hinsichtlich ihrer tatsächlichen Regelungsinhalte an Klarheit gewinnen. Eigentum ist zudem übertragbar. Dies öffnet Gestaltungsräume, die derzeit noch im Nebel liegen.
Der Informationsbegriff könnte durch die sich ergebende Abgrenzung an Kontur gewinnen und damit das informationelle Selbstbestimmungsrecht aus dem Schatten des sogenannten „Datenschutzes“ heraustreten.
Autor: Eckehard Kraska
Kontakt:
Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska, externer DatenschutzbeauftragterTelefon: 089-1891 7360
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