[IITR – 29.5.20] Derzeit erwarten wir für den 16. Juli 2020 ein Urteil des EuGH zur Privacy-Shield-Vereinbarung mit den USA. Unser europäisches und das amerikanische Verständnis von Datenschutz ist und bleibt weiterhin inkompatibel. Dennoch wird man weitere Ansätze suchen, den Austausch von Daten zwischen der EU und den USA zu ermöglichen. Derweil nähern sich die föderalen Strukturen der deutschen Datenschutzbehörden einer Auflösung. Eine nochmals weitergehende Zentralisierung des Datenschutzes wurde bereits zur Diskussion gestellt, damit also auf die europäische Ebene gehoben. Dies soll die Auseinandersetzung mit amerikanischen Groß-Konzernen vereinfachen und entspricht damit einer Vision, die direkt auf Viviane Reding zurückgehen dürfte.
Datenschutz, zunächst als Abwehrrecht gegenüber dem Staat unseren Grundrechten an die Seite gestellt, ist zu einem Regulatorium der Wirtschaft herangereift und wird folgerichtig als ein Bremsklotz für Fortschritt und inzwischen auch für die Gesundheit empfunden, kommuniziert und denunziert.
Denn ein Virus hat nicht nur unsere Wirtschaft an den Rand des Stillstands gebracht, er hat auch unsere Grundrechte befallen, und knabbert – weitgehend unbeachtet – an der EU-Grundrechte-Charta.
Viren bestimmen derzeit unser Leben. Diffuses Misstrauen macht sich breit, gespeist von Befürchtungen einer sich schleichend etablierenden Überwachung. Im Datenschutz zückt man dazu mit den Schultern. Was soll man auch machen? Nach einem beispiellosen globalen Shutdown des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens befinden sich bedeutende Bereiche im Home-Office. Darunter alle Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden. Deren Betreuung inklusive des gesamten Schulbetriebes wurde bekanntlich eingestellt.
Um die Jahrtausendwende, als eine sich ankündigende digitale Revolution nicht mehr wegdiskutiert werden konnte, boten in Deutschland tätige US-Firmen den Schulen an, ihren zögerlichen Start in das neue Zeitalter anzuschieben, indem man 50-000 verbilligte Anschlüsse ins Internet zur Verfügung stellen wollte. Klar: dies war auch ein PR-Gag. Etwa um diese Zeit bildete sich ein Konsortium von Unternehmen mit dem Ziel, für die dritte Welt einen Laptop zu entwickeln, der nicht mehr als 100,- Euro (oder waren es Dollar?) kosten durfte, um jungen Menschen in Entwicklungsländern den Anschluss an das neue digitale Zeitalter zu ermöglichen. Kleine Notebooks sind mittlerweile für etwa diese Summe zu haben. Schulen sind ans Internet angeschlossen.
Und sonst?
Zwei Jahrzehnte später trat offenbar überraschend Corona vor die Türe und beleuchtet, auf welchem Niveau sich unser Schulsystem inzwischen befindet, um seinen Bildungsauftrag gegenüber unseren Schülern nachzukommen, ihnen ein gesellschaftlich erwünschtes Wissen und Bildung in moderner Weise zu vermitteln.
Eine Bestandsaufnahme ergibt, dass unsere derzeit mit einem Ausgehverbot belegten Heranwachsenden Däumchen drehen, sofern sie nicht ihren in Home-Office tätigen Einzel-Erziehenden bzw. beiden Eltern auf die Nerven gehen.
Seit längerem erleben wir aus dem politischen Raum Ermahnungen, Ermunterungen, Initiativen und Zusagen für Sponsoring, um Deutschland im Schulterschluss mit dem Datenschutz den Anschluss an die Digitalwirtschaft zu ermöglichen. Gelegentlich heißt es, verlorenen Boden aufzuholen um digitales Gold zu schürfen.
Eigene Kontakte zu in Home-Office befindlichen Mitarbeitern sowie Kunden haben bei uns eher den Eindruck aufkommen lassen, wonach keine Schulen, sofern sie öffentlich sind, ihren Schülern eine Art Home-Office-Lösung, oder einen strukturierten Fern-Unterricht, oder einer Konferenz-Lösung vergleichbare Oberfläche zur Nutzung haben anbieten können. Sofern es Ausnahmen gibt, beruhen diese auf Privat-Initiativen. Ich habe die Hoffnung, dass hierbei nicht das gesamte Bild wiedergegeben wird, aber der Eindruck überwiegt, wonach unsere Gesellschaft, unsere Schulen nicht von den zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten Gebrauch machen, um Fern-Unterricht anbieten zu können, Wissensstoff aufbereiten und ihren Schülern zur Verfügung stellen können.
Sollte es verlorenen Boden geben, den wir zurückgewinnen wollten, hier wäre ein Ansatz. Viele Milliarden werden gerade zur Wiederbelebung unserer Gesellschaft aufgeboten. Wäre es sinnvoll, da noch eine kleine Milliarde draufzulegen, um den Eintritt der Pädagogik in das digitale Zeitalter zu vollenden? Selbstverständlichkeiten wie Internet-Anbindung und Notebooks, Aufbereitung des Schulungsmaterials, Konferenz-Software für den Schulbetrieb, für die Unterrichtung von Schülern durch Lehrer sollten zur Verfügung stehen. Auch eine Assistenz für die Lehrkörper ist notwendig, um diese bei der Aufbereitung der Lehrstoffe sowie der Bewältigung des Zugangs in die virtuelle Welt zu unterstützen.
Ein gutes, dann eher kleines Systemhaus wäre sicherlich in der Lage, die IT-Anforderungen zu einem Lastenheft zusammenzustellen, im Gegenwert von vielleicht einer Ladesäule. Die anschließende Umsetzung freilich muß man als eine lohnende, wenngleich kostspielige Investition in die Zukunft der Gesellschaft begreifen.
Corona hat die Defizite in unserem Schulsystem offengelegt.
Unsere Gesellschaft ist angewiesen auf Menschen mit einem gut geschulten Verständnis für den Umgang mit jenen Werkzeugen, mit denen praktisch sämtliche Belange unserer Gesellschaften – Ausnahme: Schulen – mittlerweile organisiert werden. Warum also nicht auch die Schulen ins reale Leben einbeziehen? Diese Frage wurde bereits vor Jahren und seitdem immer wieder zu Gehör gebracht. Sollten wir diese Aufgabe bewältigt haben, könnten wir uns der Frage widmen, auf welcher Basis, mit welchem Verständnis bei uns Datenschutz stattfinden sollte. Aber vielleicht haben wir vorher Glück und finden etwas Gold.
Autor: Eckehard Kraska
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