[IITR – 18.5.16] Die neue Leiterin der Berliner Datenschutz-Aufsichtsbehörde Maja Smoltczyk will den Menschen in den Mittelpunkt ihrer neuen Tätigkeit stellen. Dabei hat sie vor allem Kinder und Jugendliche im Blick, die zu „mündigen Bürgern“ heranwachsen sollen. Ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dürfe in den Zeiten umwälzender Digitalisierung nicht geopfert werden.
Die „Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit“ Maja Smoltczyk ist fast 100 Tage im Amt. Die Resonanz in der Datenschutzszene auf ihre Berufung durch SPD und CDU war eher kühl, hatte sie sich bislang doch zu den einschlägigen Themen nicht öffentlich geäußert.
Die Entscheidung das Amt zu übernehmen habe sie nur eine Nacht überschlafen und dann getroffen. Denn „das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein unglaublich wichtiges Grundrecht, da die technischen Umwälzungen so fundamental sind“. Als Juristin hat sie sich über 20 Jahre mit Verfassungsrecht befasst, daher setzte sie sich „unglaublich gerne“ für dieses Grundrecht ein. Außerdem freut sie sich mit der Berliner Datenschutzaufsicht eine „sehr gut aufgestellte Verwaltung vorgefunden zu haben“.
Erste eigene Akzente hat die Nachfolgerin von Alexander Dix in ihrem Tätigkeitsbericht (PDF) inzwischen aber gesetzt: Mit ihrer Mahnung, die Privatsphäre von Flüchtlingen zu respektieren, zeigte die Verfassungsjuristin ein erweitertes, von der digitalen Übermittlung losgelöstes Verständnis von Persönlichkeitsschutz. Es stellt die Würde des Menschen klar in den Mittelpunkt. Mit ihrer lobenden Erwähnung verschiedener Berliner Start-Up-Firmen deutete sie, dass sie auf das bewährte Prinzip der Beratung setzen will. Auch Gesundheitsthemen spielten im Bericht eine auffallend große Rolle. Dabei scheute sie nicht zurück, die renommierte Charité an den Pranger zu stellen.
Eine Datenschutz-Aufsichtsbehörde kann zahlreiche Aufgaben übernehmen: Beratung und Prüfung von Datenverarbeitern, Expertise in Gerichtsverfahren, Kommentierung von Gesetzgebung, Kommentierung technisch-gesellschaftlicher Entwicklung, Initiierung neuer Gesetzgebung. Alles gleichermaßen zu bewältigen, schafft aber keine. Jeder Amtsinhaber muss daher Schwerpunkte setzen. Alexander Dix wünschte sich von seinem Nachfolger neben einer Portion Verwaltungserfahrung vor allem kommunikative Fähigkeiten Noch bevor er wusste, wer nominiert werden würde, sagte er: „Man muss darüber nachdenken, wie man das Nicht-Fassbare gegenständlich und sinnlich erfahrbar macht. Da könnten nicht-juristische Formen der Thematisierung wie Kunst, Comics und andere Formen der Kommunikation wie Computerspiele und Apps eine wichtige Rolle spielen. Da wünsche ich meinem Nachfolger eine glückliche Hand.“
In ihren bildhauerischen Arbeiten stellt Maja Smoltczyk den Menschen in den Mittelpunkt. Will sie ihre künstlerische Wahrnehmung des Menschen auf ihre Arbeit in der Behörde übertragen? Im Gespräch bestätigt sie diesen ersten Eindruck. So sagt sie: „Ich will den Blick auf die Bevölkerung richten und die Beratung in den Mittelpunkt stellen.“ Dabei möchte Smoltczyk vor allem auf Kinder und Jugendliche zugehen: „Sie müssen ertüchtigt werden, bewusst mit dem Internet umzugehen. Man muss ihnen klarmachen, was mit ihren Daten in ihrem späteren Leben passieren kann. Für mich ist das ein zentraler Punkt, da hier die mündigen Bürger von morgen heranwachsen.“ Die Stelle eines Medienpädagogen hat sie bereits ausschreiben lassen.
Weitere inhaltliche Schwerpunkte werden, wie der aktuelle Tätigkeitsbericht gezeigt hat, die Berliner Startup-Unternehmen sowie der Bereich Gesundheit sein. Näheres will Smoltczyk dazu aber noch nicht verraten, außer so viel: „Bei einer so lebendigen Startup-Szene wie in Berlin, die nicht von Anfang an an den Datenschutz denkt, ist mehr Beratung anzubieten.“
Aus ihrer bisherigen Tätigkeit als Juristin im Berliner Abgeordnetenhaus nimmt Maja Smoltczyk ihr Interesse daran mit, wie Gesetzgebung sich auf den Menschen auswirkt: „Die internationalen Entwicklungen – Stichwort „Privacy Shield“ – werden ein wichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit sein.“ Auch die Anpassung des deutschen Rechts an die europäische Datenschutz-Grundverordnung will sie eng begleiten, ebenso die Entscheidungsfindung der Aufsichtsbehörden auf EU-Ebene was die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe angeht. Smoltczyk sagt aber auch mit einem Lachen in der Stimme: „Das ist ein dickes Brett, das es zu bohren gilt.“
Ein weiteres dickes Brett bestehe darin, die Abstimmungsverfahren der Aufsichtsbehörden untereinander „so leichtläufig wie möglich“ zu gestalten. Letztlich gehe es immer um die gleiche Grundfrage, betont sie: Man dürfe sich durch die Vielzahl der Anwendungsfälle nicht ins Bockshorn jagen lassen, sondern immer zwischen verschiedenen Grundrechtsbereichen abwägen. All das werde aber auch „unglaublich arbeitsaufwändig“ sein.
Auch im Berliner Abgeordnetenhaus möchte sich die neue Datenschutzbeauftragte stärker in gesetzgeberische Verfahren einbringen: „Datenschutz bedeutet viel Kommunikation, man muss auf allen Ebenen handeln: Beispielsweise ist die Arbeit in Richtung Parlament das eine, der Kontakt zu den Abgeordneten und dem Parlament als Ganzen das andere.“
Zur Behörde:
Die Berliner Behörde gehört seit Jahren zu den Datenschutz-Aufsichtsbehörden mit der besten Personalausstattung (vgl. Grafik). Vergleichsweise bietet sie auch relativ viele Teilzeitstellen an. Sie ist eine der wenigen Aufsichtsbehörden, die eine eigene Abteilung für Bußgeldverfahren unterhält. Im vergangenen Jahr wurden 22 Bußgeldbescheide erlassen, womit Berlin im bundesweiten Vergleich zu den Spitzenreitern zählen dürfte.
Autorin:
Christiane Schulzki-Haddouti
Kontakt:
Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska, externer Datenschutzbeauftragter
Telefon: 089-1891 7360
E-Mail-Kontaktformular
E-Mail: email@iitr.de
Information bei neuen Entwicklungen im Datenschutz
Tragen Sie sich einfach in unseren Newsletter ein und wir informieren Sie über aktuelle Entwicklungen im Datenschutzrecht.