Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit Urteil vom 01.08.2013 (5 K 2037/12) die Klage der Gemeinde Brühl gegen die Verlängerung eines Bauvorbescheids für die Errichtung der oberirdischen Gebäude eines Geothermiekraftwerks auf ihrem Gemeindegebiet abgewiesen.
Das beigeladene Unternehmen beantragte im Jahr 2008 die Erteilung eines Bauvorbescheids (ein vorweggenommener Teil der späteren Baugenehmigung) für die Errichtung eines geothermischen Kraftwerks im Außenbereich des Gemeindegebiets der klagenden Gemeinde. Nachdem die Gemeinde hierfür zunächst ihr Einvernehmen erteilt hatte, erteilte die zuständige Baubehörde des Landes den Bauvorbescheid. Im Jahr 2011 beantragte die Beigeladene die Verlängerung des gesetzlich auf drei Jahre befristeten Bauvorbescheids. Nunmehr versagte die Gemeinde jedoch ihr Einvernehmen. Daraufhin ersetzte die zuständige Baubehörde dieses Einvernehmen und erteilte die beantragte Verlängerung. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin u.a. geltend, die jüngsten Ereignisse in Zusammenhang mit der Geothermie zeigten, dass es sich um eine Technologie handele, die noch im Erforschungs- bzw. Entwicklungsstadium sei. Hierfür sei eine baurechtliche Privilegierung im Außenbereich gesetzlich nicht vorgesehen. Im Übrigen dürfe die Anlage nur dann in den Außenbereich, wenn sie ortsgebunden sei, also nur am konkreten Standort verwirklicht werden könne. Dies sei hier nicht der Fall, da der Oberrheingraben generell für Geothermie-Anlagen besonders geeignet sei.
Dem ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Es hat in seiner Entscheidung ausgeführt: Es sei nicht zu beanstanden, dass das Land das Einvernehmen der Gemeinde ersetzt habe, denn diese habe ihr Einvernehmen rechtswidrig versagt. Die hier allein zu prüfenden oberirdischen Gebäude für das geplante Geothermiekraftwerk seien im Außenbereich bauplanungsrechtlich privilegiert zulässig. Der unterirdische Teil der Anlage unterliege dem Bergrecht und sei hier nicht zu prüfen.
Die geplante Anlage diene nicht der Erforschung und Entwicklung der Geothermie, sondern solle unmittelbar Bestandteil eines Stromversorgungsnetzes werden. Im Übrigen zeigten die Regelungen im Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG), dass auch die Geothermie zu den Anlagen zähle, die der Erzeugung von Elektrizität dienten.
Die vom Gesetz verlangte Ortsgebundenheit der Anlage sei hier gegeben. Die vorliegend geplante hydrothermale Erdwärmenutzung stelle besondere geologische und tektonische Anforderungen an den jeweiligen Standort. Das vorgesehene Verfahren nutze zur Stromerzeugung im Untergrund natürlich vorhandenes heißes Wasser, das über eine Förderbohrung an die Oberfläche gefördert werde. Dort werde über einen Wärmetauscher die enthaltene Wärme entzogen und zur Stromerzeugung genutzt. Die hierfür in Deutschland nutzbaren sog. geologischen Horizonte seien nicht an jeder frei wählbaren Stelle vorhanden. Erforderlich sei hierfür eine Heißwasserquelle, die eine Mindesttemperatur und -ergiebigkeit zur Stromnutzung aufweisen müsse. Auch innerhalb der großräumigen Regionen in der Bundesrepublik, die die hierfür erforderlichen natürlichen Bedingungen in besonderem Maße aufwiesen, wie etwa der Oberrheingraben, sei nicht jeder beliebige Standort für die hydrothermale Erdwärmenutzung geeignet. Die Ausnutzung der Erdwärme sei stets von der Suche nach potenziellen geothermischen Lagerstätten geprägt und mit einem Fündigkeitsrisiko für den jeweiligen Betreiber verbunden. Die Beigeladene habe für den konkret gewählten Standort nachvollziehbar die Ausrichtung an natürlichen Störungs- und Bruchzonen im Untergrund dargelegt und aufgezeigt, dass auch die vorhandenen Bruchzonen besondere Eigenschaften hinsichtlich Größe, Ausdehnung und Ausrichtung (sich öffnende Brüche gegenüber zusammengedrückten, geschlossenen Brüchen) aufweisen müssten, um zumindest potentiell für die Erdwärmnutzung in Betracht zu kommen. Mit ihren besonderen Anforderungen an die geologischen und tektonischen Gegebenheiten sei die vorliegende Art der Geothermie vermittels hydrothermaler Erdwärmenutzung mit der Förderung von Bodenschätzen wie z.B. Erdöl, Erdgas, Kies, Sand oder Torf vergleichbar, bei denen die (gleichfalls) erforderliche Ortsgebundenheit bejaht werde.
Quelle: Pressemitteilung des Gerichts vom 21.08.2013
Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Lehrbeauftragter für Umweltrecht an der FH Mainz und Partner der Anwaltskanzlei Rechtsanwälte SZK (Wiesbaden/Darmstadt). Weitere Informationen unter http://www.rechtsanwaelteszk.de