Rechtsanwältin Christine Bonke-Heseler

recht.flott. UG (haftungsbeschränkt)
22765, Hamburg
Rechtsgebiete
Recht der freien Berufe
01.11.2012

Hinweis auf OLG-Zulassung darf nicht auf Briefpapier stehen

Der Zusatz „RA auch zugel. am OLG Frankfurt" stellt eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten dar und ist irreführend. Dies hat das OLG Köln am 22.06.2012, Az.: 6 U 4/12, entschieden und schlägt damit die gleiche Richtung ein wie der Anwaltssenat des BGH. Dieser befand am 30.1.2012, Az.: AnwZ (Brfg) 27/11, dass der Zusatz "Rechtsanwalt bei dem Landgericht und dem Oberlandesgericht" nicht in den Briefkopf gehört. Wer über diese Entscheidung noch einmal nachlesen möchte, kann dies im Blog von recht.flott. bei jusmeum tun.
  
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, der Beklagte ist Rechtsanwalt und betreibt eine Kanzlei. Er verwendet in seinem Briefpapier oben rechts unter der Angabe seines Namens den - deutlich kleiner geschriebenen - Zusatz "RA auch zugel. am OLG Frankfurt". Die Klägerin hat den Hinweis auf die Zulassung im Briefkopf als wettbewerbswidrig angesehen und Unterlassung begehrt. Das LG hat beide Anträge abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin den die Angabe der Zulassung betreffenden Unterlassungsantrag weiter. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Er sieht die Klägerin nicht als klagebefugt an und verweist in der Sache auf die Handhabung der Zulassungsangabe durch andere Kanzleien.
 
OLG Köln: Klägerin hat Unterlassungsanspruch
Das OLG Köln gab der Klägerin recht. Zum einen sei sie als Mitbewerberin klagebefugt. Des Weiteren sah es den Unterlassungsanspruch aus § 3, § 5, § 8 Abs. 1 Abs. 3 Nr. 1 UWG auch als begründet an. Die Verwendung des streitigen Zusatzes stelle eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Auch freiberufliche Tätigkeiten von RAen können i.S.d. Bestimmung als geschäftliche Handlungen anzusehen sein. Mit der angegriffenen Angabe beschreibt der Beklagte den Umfang seiner Zulassung als RA, weswegen es sich um eine Handlung zu Gunsten seiner Kanzlei, also eine geschäftliche Handlung, handelt. Mit der Angabe "RA auch zugel. am OLG Frankfurt" auf dem Briefkopf betreibe der Beklagte für sich Werbung. Hierfür genüge, dass er auf diese Weise für sich eine bestimmte Qualifikation und Erfahrung in Anspruch nimmt, die zu der Zulassung auch bei dem OLG Frankfurt, geführt habe.
 
Beklagter wirbt mit Selbstverständlichkeiten
Diese Werbung hält das OLG für irreführend, weil es sich um eine solche mit Selbstverständlichkeiten handele: Durch die angegriffene Angabe werde es als etwas Besonderes herausgestellt, dass der Beklagte nicht nur bei anderen Land- (und Amts-)Gerichten, sondern auch bei dem OLG Frankfurt auftreten darf. Allerdings sei inzwischen jeder an irgendeinem Gericht in Deutschland zugelassene Anwalt vom ersten Tage seiner Zulassung an u.a. an allen OLGen, also auch dem OLG Frankfurt, postulationsfähig und damit zugelassen. Dass die streitgegenständliche Angabe unter der früheren Rechtslage zutreffend (und sogar sinnvoll) war, ändert an dieser Beurteilung nichts, so das Gericht. Der Beklagte. als derjenige, der den Zusatz führe, müsse ihn mit der gewandelten Rechtslage in bringen. Angesichts des erheblichen vergangenen Zeitraums (Seit dem Inkrafttreten des "Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft" am 1.6.2007) komme ihm auch keine sinnvolle Übergangs- oder Frist zum Aufbrauch noch vorhandener Geschäftspapiere zu Gute.

Verbraucher entnimmt der „spezielle Zulassung“ eine höhere Qualifikation
Die irreführende Aussage "RA auch zugelassen am OLG Frankfurt" ist nach Ansicht des OLG Köln von wettbewerblicher Relevanz: Derjenige rechtsuchende Verbraucher, der dem Zusatz im Briefkopf zu Unrecht entnimmt, der Beklagte verfüge über eine spezielle Zulassung, werde ihn für besser als andere qualifiziert ansehen und deswegen grundsätzlich dazu neigen, eher den Beklagten als einen nicht so qualifizierten Anwalt zu beauftragen. Ausgehend hiervon scheitere der Anspruch nicht daran, dass er sich ausschließlich gegen die Verwendung der streitigen Angabe im Briefkopf des von dem Beklagten verwendeten Geschäftspapiers richtet. Soweit er dort von seinen eigenen Mandanten wahrgenommen wird, werde sich die irreführende Wirkung allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen auswirken können. Diejenigen Rechtsuchenden, die den Beklagten als Anwalt bereits mandatiert haben, können bzgl. dieser Entscheidung nicht mehr nachträglich beeinflusst werden. Insofern drohe die Gefahr der Irreführung nur hinsichtlich der Frage der Mandatierung eines Anwalts für ein sich anschließendes zweitinstanzliches Verfahren. Indes könne sich die irreführende Angabe auch bei dem Prozessgegner des jeweiligen Mandanten auswirken, der mit der Aussage im Briefkopf konfrontiert wird. Dieser könne nämlich für weitere gerichtliche Auseinandersetzungen, die mit dem Ausgangsverfahren nicht im Zusammenhang stehen, die Wahl des Beklagten als Prozessvertreter in Betracht ziehen.
 
Spürbarkeitsschwelle ist überschritten
Das OLG konnte sich nicht der Ansicht des LG anschließen, jedenfalls scheitere der Anspruch daran, dass die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG nicht erreicht sei. Der Irreführungstatbestand des § 5 UWG greife nur ein, wenn die Irreführung von wettbewerblicher Relevanz ist. Ist dies der Fall, so ist ohne weiteres davon auszugehen, dass auch die Spürbarkeitsschwelle überschritten ist Ohne Erfolg wendet der Beklagte schließlich ein, auch andere RAe verhielten sich vergleichbar. Dem Beklagten sei zwar einzuräumen, dass die von ihm vorgetragenen Beispiele von Internetauftritten anderer RAe ähnliche Aussagen enthalten. Dies stehe indes dem Anspruch nicht entgegen. Dass auch andere RAe die seit dem Jahre 2007 bestehende Rechtslage ignorieren und ihre Zulassung auch bei OLGen werbend anführen, ändere an der durch das Verhalten des Beklagten eintretenden Irreführung nichts.