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Verordnung über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Auf Grund des § 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 6. Juli 1990 (BGBl. I S. 1349) verordnet der Bundesminister der Justiz:

Für das Prüfungsamt, seine Organe und deren Zuständigkeiten gelten die Vorschriften über das für die zweite juristische Staatsprüfung zuständige Prüfungsamt des Landes, in dem das Prüfungsamt oder ein gemeinsames Prüfungsamt eingerichtet ist, entsprechend, soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt.

(1) Prüfer sind der Präsident des für die zweite juristische Staatsprüfung zuständigen Prüfungsamts, seine Vertreter und die hauptamtlichen Prüfer sowie die zu Prüfern berufenen Rechtsanwälte. Im übrigen kann zum Prüfer berufen werden, wer die Voraussetzungen eines Prüfers für die zweite juristische Staatsprüfung erfüllt.

(2) Für das Verfahren der Berufung, die Amtsdauer und die einstweilige Heranziehung von Prüfern gelten die Vorschriften für die Prüfer der zweiten juristischen Staatsprüfung des Landes entsprechend, in dem das Prüfungsamt oder ein gemeinsames Prüfungsamt eingerichtet ist. Bei Errichtung eines gemeinsamen Prüfungsamts können Prüfer der beteiligten Länder berufen werden.

(1) Der Antragsteller kann bei jedem nach § 18 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland zuständigen Prüfungsamt im Geltungsbereich dieser Verordnung die Zulassung zur Eignungsprüfung beantragen.

(2) Dem Antrag sind beizufügen:

1.
ein eigenhändig geschriebener Lebenslauf,
2.
ein Nachweis der Berechtigung zum unmittelbaren Zugang zum Beruf des europäischen Rechtsanwalts (§ 16 Abs. 1, § 1 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland),
3.
ein Nachweis, dass der Antragsteller mehr als die Hälfte der Mindestausbildungszeit in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz abgeleistet hat, oder eine Bescheinigung über eine mindestens dreijährige Berufsausübung in einem dieser Staaten,
4.
(weggefallen)
5.
die Bestimmung je eines Wahlfaches aus den beiden Wahlfachgruppen und des Faches für die zweite Aufsichtsarbeit,
6.
die Versicherung, daß der Antragsteller die Zulassung zur Eignungsprüfung bei keinem anderen Prüfungsamt beantragt hat,
7.
eine Erklärung darüber, ob und bei welchen Prüfungsämtern sich der Antragsteller ohne Erfolg Eignungsprüfungen unterzogen hat.

(3) Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen, soweit sie vom Antragsteller stammen, sind in deutscher Sprache einzureichen; sonstige Unterlagen sind mit einer beglaubigten Übersetzung vorzulegen.

Der Antragsteller kann nach der Zulassung nur aus wichtigem Grund von der Prüfung zurücktreten. Liegt kein wichtiger Grund vor, so gilt die Prüfung als nicht bestanden.

Das Prüfungsamt erlässt dem Antragsteller auf Antrag ganz oder teilweise Prüfungsleistungen, wenn er nachweist, dass er in seiner bisherigen Ausbildung oder durch anschließende Berufsausübung in einem Prüfungsgebiet die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Deutschland erforderlichen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Kenntnisse im deutschen Recht erworben hat. Ausbildungsinhalte sind durch ein Prüfungszeugnis, Berufserfahrung ist entsprechend § 12 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland nachzuweisen.

(1) Die Eignungsprüfung erstreckt sich im Pflichtfach Zivilrecht auf

1.
den Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
das Schuldrecht und das Sachenrecht jeweils einschließlich besonderer Ausprägungen außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
das dazugehörende Verfahrensrecht einschließlich der Grundlagen im Gerichtsverfassungsrecht und der Grundzüge des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts.

(2) Die Eignungsprüfung erstreckt sich in dem Wahlfach

1.
Öffentliches Recht auf
a)
die Grundrechte,
b)
das allgemeine Verwaltungsrecht und das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht,
c)
die Grundzüge des Baurechts und des Rechts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
d)
das Verwaltungsprozeßrecht einschließlich der Grundlagen im Gerichtsverfassungsrecht,
2.
Strafrecht auf
a)
die allgemeinen Lehren des Strafrechts,
b)
den Besonderen Teil des Strafgesetzbuchs,
c)
das Strafprozeßrecht einschließlich der Grundlagen im Gerichtsverfassungsrecht,
3.
Zivilrecht auf
a)
die Grundzüge des Familienrechts und des Erbrechts,
b)
das dazugehörende Verfahrensrecht einschließlich der Grundlagen im Gerichtsverfassungsrecht,
4.
Handelsrecht auf
a)
die Grundzüge des Handelsrechts und des Gesellschaftsrechts,
b)
die Grundzüge des Wertpapierrechts ohne das Wechsel- und Scheckrecht,
c)
das dazugehörende Verfahrensrecht einschließlich der Grundlagen im Gerichtsverfassungsrecht,
5.
Arbeitsrecht auf
a)
die Grundzüge des Individualarbeitsrechts und des kollektiven Arbeitsrechts,
b)
das dazugehörende Prozeßrecht einschließlich der Grundlagen im Gerichtsverfassungsrecht.

(1) Die Aufsichtsarbeiten haben Aufgaben aus der beruflichen Praxis eines Rechtsanwalts zum Gegenstand. Die Bearbeitungszeit für eine Aufsichtsarbeit beträgt fünf Stunden.

(2) Die Gegenstände des Kurzvortrags und des Prüfungsgesprächs sind der beruflichen Praxis eines Rechtsanwalts zu entnehmen. Die Vorbereitungszeit für den Kurzvortrag beträgt zwei Stunden. Für jeden Prüfungsteilnehmer beträgt die Dauer des Prüfungsgesprächs etwa fünfundvierzig, die Dauer des Kurzvortrags etwa fünfzehn Minuten.

(1) Vorsitzender der Prüfungskommission ist der Präsident des für die zweite juristische Staatsprüfung zuständigen Prüfungsamts oder ein von ihm bestimmter Prüfer. Zwei Mitglieder der Prüfungskommission sollen Rechtsanwälte sein.

(2) Aufsichtsarbeiten werden von jedem Prüfer selbständig bewertet. Der Prüfer hat als Ergebnis festzustellen, ob die Aufsichtsarbeit den Anforderungen genügt. Die von einem Prüfer abgegebene Bewertung wird mit der Aufsichtsarbeit den anderen Prüfern zugeleitet.

(3) Die Mitglieder der Prüfungskommission müssen während der mündlichen Prüfung ständig anwesend sein.

(1) Folgt der Antragsteller ohne ausreichende Entschuldigung einer Ladung zur Anfertigung einer Aufsichtsarbeit nicht oder gibt er eine Arbeit nicht oder nicht fristgemäß ab, ist die Prüfungsleistung als mißlungen zu bewerten.

(2) Erscheint der Antragsteller ohne ausreichende Entschuldigung nicht oder nicht rechtzeitig zu dem Termin für die mündliche Prüfung oder nimmt er den Termin nicht bis zum Ende wahr, gilt die Prüfung als nicht bestanden.

(1) Über die Folgen eines ordnungswidrigen Verhaltens des Antragstellers, namentlich eines Täuschungsversuchs, entscheidet das Prüfungsamt.

(2) Versucht der Antragsteller, das Ergebnis einer Aufsichtsarbeit durch Täuschung zu beeinflussen, ist die Arbeit als mißlungen zu bewerten. In schweren Fällen wird die Prüfung für nicht bestanden erklärt.

(3) Versucht der Antragsteller, das Ergebnis einer mündlichen Prüfung durch Täuschung zu beeinflussen, ist die mündliche Prüfung zu wiederholen. In schweren Fällen wird die Prüfung für nicht bestanden erklärt.

(4) Die Prüfung kann nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tag der mündlichen Prüfung für nicht bestanden erklärt werden.

(1) Im Anschluß an die mündliche Prüfung berät die Prüfungskommission über das Ergebnis der Prüfung und stellt auf Grund des Gesamteindrucks der in der schriftlichen und mündlichen Prüfung erbrachten Leistungen mit Mehrheit fest, ob der Antragsteller die für die Ausübung des Berufs eines Rechtsanwalts in der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Kenntnisse hat.

(2) Im Anschluß an die Beratung ist die Entscheidung der Prüfungskommission über das Ergebnis der Prüfung bekanntzugeben. Das Prüfungsamt erteilt hierüber eine schriftliche Bestätigung.

(1) Hat der Antragsteller die Eignungsprüfung nicht bestanden, so darf er sie zweimal wiederholen.

(2) Die Prüfungskommission kann bestimmen, daß die Eignungsprüfung nicht vor Ablauf einer Frist, die nicht mehr als ein Jahr betragen darf, wiederholt werden kann.

Für die Auswahl der Aufsichtsarbeiten und des Kurzvortrags, die Bestimmung von Zeit und Ort der Prüfung, die Verwendung von Kennziffern, die Zulassung von Hilfsmitteln, die Höchstzahl der Teilnehmer einer mündlichen Prüfung, die Prüfungsaufsicht und ihre Befugnisse, die Gewährung von Prüfungserleichterungen für Behinderte, die Geltendmachung und den Nachweis eines Rücktritts- und Entschuldigungsgrundes, die Geltendmachung und die Folgen von Beeinträchtigungen des Prüfungsverfahrens, die Niederschriften über das Prüfungsverfahren und die Einsicht in Prüfungsakten gelten die Vorschriften für die zweite juristische Staatsprüfung des Landes entsprechend, in dem das Prüfungsamt oder ein gemeinsames Prüfungsamt eingerichtet ist.

Wird die Durchführung der Eignungsprüfung durch Rechtsverordnung auf die Rechtsanwaltskammern übertragen, ist diese Verordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Prüfungsamtes und dessen Präsidenten die Rechtsanwaltskammer und deren Präsident tritt.

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1991 in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Jur. Bezeichnung
RAZEignPrV
Veröffentlicht
18.12.1990
Fundstellen
1990, 2881: BGBl I
Standangaben
Stand: Zuletzt geändert durch Art. 10 G v. 6.12.2011 I 2515