Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
02.05.2012

Klopapier: Mehr ist das Zeugnis auch nicht wert…?

…dachte sich der österreichische Wirt und schrieb dem Arbeitnehmer ein Zeugnis. Auf Toilettenpapier.

So berichtet es die Rückschau der von mir ja sehr genau beobachteten österreichischen Arbeiterkammern. Dokumentiert ist auch der Versuch der Zeugniskorrektur:

Nachdem Klopapier nicht anerkannt wurde, hat der Wirt es auf die Küchenrolle geschrieben. Später soll es dann doch noch einen Blatt Papier gegeben haben, im dritten Anlauf.

Überliefert wird nicht, ob der Wirt eine bestimmte Wertigkeit zum Ausdruck bringen wollte, indem er die Schreibutensilien genau auswählte. Das geschieht oft, es werden ja Staatsverträge meist mit Füllern der Marke Mont Blanc unterzeichnet, obwohl es ebenso schöne und noch schönere gibt; mancher Staatsmann lässt die dann sogar mitgehen. Dort ist es die Wahl des Schreibinstruments, die eine besondere Wertigkeit ausdrückt…

In Deutschland kann man auch Zeugnisse auf Klopapier schreiben, wenn man dem Gesetz folgt (§ 109 GewerbeO). Das sieht nur „Schriftform“ vor, was wiederum eine eigenhändige Unterzeichnung bedeutet. Das geht auch auf einem Klopapier (aber nicht mit jedem Stift). Firmenpapier muss man nur nehmen, wenn man überhaupt welches hat (BAG, Urteil vom 03.03.1993 – 5 AZR 182/92). Der Arbeitgeber kann also einwenden, er schreibe immer auf Klopapier (sinnvollerweise gleich mit Beweisantritt). Auch ungefaltet muss es nach – umstrittener – Meinung des BAG ja nicht sein (Urteil vom 21.09.1999 – 9 AZR 893/98). Ob das weithin übliche Zerknüllen des Toilettenpapiers schadet, muss trotzdem offenbleiben. Es liegen einfach nicht genügend Daten für den Fall der Zweckentfremdung als Zeugnis vor.

Toilettenpapier fällt in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung in Deutschland in der Regel nur als Diebstahlsobjekt und mithin als Kündigungsgrund auf, ebenso als Eingruppierungsmerkmal – vor allem 2009 war das Jahr des Klopapiers, seitdem ist es ruhiger um das Thema (s. LAG Düsseldorf Urteil vom 24.06.2009 – 12 Sa 336/09 zum Rauswurf und LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2009 – 26 Sa 298/09 zur Eingruppierung).

Warum ich dennoch Zweifel habe, dass es den Klopapierfall hier in Deutschland geben könnte? Klar: Ich traue deutschen Arbeitgebern so viel böse Kreativität einfach nicht zu. Oder vielleicht doch?

Sollten Sie an meinem Verstand zweifeln, bedenken Sie: Es gibt einen Welt-Toilettentag und Untersuchungen über das Knüllverhalten, die von der Industrie angestellt wurden (Ergebnis: Die USA knüllen, alle anderen Falten). Also bleiben Sie ernst.