Urteil des LG Bonn vom 12.11.2004
LG Bonn: auktion, treu und glauben, venire contra factum proprium, agb, kaufvertrag, website, anbieter, krasses missverhältnis, internet, gegenleistung
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landgericht Bonn, 1 O 307/04
12.11.2004
Landgericht Bonn
1. Zivilkammer
Urteil
1 O 307/04
Vertragsschluss, Internetauktion, Sittenwidrigkeit, Anfechtung
§ 280 BGB, § 156 BGB, § 138 BGB, § 119 BGB
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Keine Vermutung zur Sittenwidrigkeit eines im Rahmen einer
Internetauktion zustandegekommenen Vertrages, wenn Leistung und
Gegenleistung in einem Missverhältnis zueinander stehen.
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.500,00 EUR nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 22.06.2004 zu zahlen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreit trägt der Beklagte.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob sich der Beklagte am 15.04.2004 im Rahmen
einer so genannten Internet-Auktion auf der Website der "F
AG" wirksamen zu dem Verkauf eines Pkw der Marke BMW 320 i Cabrio
verpflichtet hat.
Die "F AG" führt auf ihrer Website Online-Auktionen durch,
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an denen nur teilnehmen kann, wer sich zuvor bei F angemeldet hat und
dabei die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens anerkannt hat.
Die AGB lauten auszugsweise wie folgt:
§ 9 Vertragsschluss
1.
Indem ein Mitglied als Anbieter zwecks Durchführung einer
Online-Auktion einen Artikel auf die F-Website einstellt, gibt es ein
verbindliches Angebot zum Vertragsschluss über diesen Artikel ab. Dabei
bestimmt der Anbieter eine Frist, binnen derer das Angebot durch ein Gebot
angenommen werden kann (Laufzeit der Online-Auktion). Das Angebot richtet
sich an den Bieter, der während der Laufzeit der Online-Auktion das höchste
Gebot abgibt ...
1.
Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots an. Das Gebot
erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Laufzeit der Online-Auktion
ein höheres Gebot abgibt. Maßgeblich für die Messung der Laufzeit der
Online-Auktion ist die offizielle F-Zeit. F gibt selbst keine Gebote
ab und nimmt keine Gebote der Mitglieder entgegen.
1.
Mit dem Ende der vom Anbieter bestimmten Laufzeit der Online-Auktion
oder im Falle der vorzeitigen Beendigung durch den Anbieter kommt zwischen
dem Anbieter und dem das höchste Gebot abgebenden Bieter ein Vertrag über
den Erwerb des von dem Anbieter in die F-Website eingestellten Artikels
zustande. ...
Der Beklagte war Eigentümer eines Pkw der Marke BMW 320i Cabrio, Baujahr
1995, Kilometerstand 97.000. Am 12.04.2004 um 15:35:01 Uhr stellte er das
Fahrzeug inklusive detaillierter Fahrzeugbeschreibung unter seinem
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Benutzernamen "s...." zwecks Durchführung einer Online-Auktion auf der
F-Website (Artikelnummer: 2.....) im Rahmen einer Auktion ein. Er
legte einen Startpreis von 1,00 EUR fest. Ein Mindestkaufpreis wurde nicht
bestimmt. Die Auktion sollte nach drei Tagen, also am 15.04.2004 um 15:35:01
Uhr, enden.
Am 15.04.2004 um 15:34:14 Uhr gab der Kläger unter seinem Benutzernamen
"n...." ein Gebot über 63,00 EUR auf den fraglichen BMW ab. Ein
höheres Gebot wurde danach nicht mehr abgegeben. Die "F AG" teilte dem Kläger nach
Ablauf der Auktionszeit mit, er habe den Zuschlag
erhalten und übermittelte hierbei die im Rahmen der Auktion vorbereitete
Aufforderung des Beklagten, an diesen den Betrag von 63,00 EUR per
Überweisung zu zahlen.
Im Verlauf der Auktion abgegebene höhere Gebote dritter Bieter waren zuvor
zurückgenommen worden. Wegen der Einzelheiten dieser Gebotsrücknahmen wird auf die
von den Parteien eingereichten listenmäßige Ausdrucke aus den
F-Daten Bezug genommen (Bl. 4, 26 d. A.).
Der Kläger überwies im Anschluss 63,00 EUR an den Beklagten. Der Beklagte
lehnte die Lieferung des Pkw zu dem Gebot des Klägers in dieser Höhe jedoch
ab. Im Rahmen einer weiteren F-Auktion veräußerte er diesen am 07.05.2004 an einen
dritten Käufer zum Preis von 8.950,00 EUR.
Unter dem 20.04.2004 ließ der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben die
Anfechtung des Kaufvertrages mit der Kläger erklären. Mit Schreiben vom
18.05.2004 erklärte dieser dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten
gegenüber zunächst, er verfüge nicht über die notwendigen Mittel, einen
eventuellen Schadensersatzanspruch durchzusetzen. Aus diesem Grunde erwart er die
Rücküberweisung der bereits gezahlten 63,00 EUR. Diesem Begehren ist der Beklagte
nicht nachgekommen.
Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage Ersatz des ihm durch die
Weiterveräußerung des Pkw BMW entstandenen Schaden, den er - unwidersprochen - mit
8.500,00 EUR in Höhe des Wertes des Pkw beziffert.
Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.500,00 EUR nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
22.06.2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält den Kaufvertrag für unwirksam. Es sei - was letztlich
unstreitig ist - hinsichtlich des streitgegenständlichen Pkw bei einer
verbleibenden Auktions-Laufzeit von 4 Stunden und 44 Minuten ein Gebot eines
Dritten über 11.905,00 EUR abgegeben worden. Da er mit diesem Preis
einverstanden gewesen sei, habe er den weiteren Verlauf der Versteigerung
nicht verfolgt. Am 15.04.2004 habe er dann gegen 16.24 Uhr die dahingehende
Mitteilung des Klägers erhalten, dieser habe den Wagen für 63,00 EUR
ersteigert. Ihm sei dieses Gebot nicht bekannt gewesen. Hätte er die
Rücknahme der früheren Gebote gekannt, hätte er die Versteigerung vorzeitig
beendet. Ein Gebot über 63,00 EUR habe er zu keinem Zeitpunkt akzeptieren
wollen.
Im Übrigen ist der Beklagte der Ansicht, der Kläger habe im Hinblick auf das
Schreiben vom 18.05.2004 bereits auf jegliche Art von Anspruch verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten
Unterlagen, insbesondere die Ausdrucke aus den F-Daten (Bl. 4 ff., 22
ff., 44 ff. d.A.), verwiesen
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen
Schadensersatzanspruch in Höhe von 8.500,00 EUR aus §§ 280 Abs.1, 3, 281
Abs.1 Satz 1, Abs.2 BGB.
Zwischen den Parteien besteht ein Schuldverhältnis im Sinne des § 280 Abs.1
Satz 1 BGB. Die Parteien haben am 15.04.2004 um 15:35:01 Uhr einen wirksamen
Kaufvertrag gemäß § 433 BGB geschlossen.
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Dabei richtet sich die Beurteilung des Vertragsschluss nicht etwa nach § 156
BGB. Denn eine Online-Auktion bei dem Internet-Auktionshaus F stelle
keine Versteigerung in diesem Sinne dar.
Versteigern bedeutet, innerhalb einer zeitlich und örtlich begrenzten
Veranstaltung eine Mehrzahl von Personen aufzufordern, eine Sache in der
Weise zu erwerben, dass diese Personen im gegenseitigen Wettbewerb,
ausgehend von einem Mindestgebot, Vertragsangebote in Form des Überbietens dem
Versteigerer gegenüber abgeben, der dann seinerseits das höchste Gebot annimmt (AG
Kehl NJW 2003, 1060, 1061; Wilkens, Anm. z. LG Münster, Urt. v. 21.01.2000, DB 2000,
663, 667; Schalhorn DB 1972, 2453; vgl. auch BGH NJW 2002, 363, 364). Vorliegend fehlt
es bereits an der Person des Auktionators.
Die Auktion endet vielmehr automatisch mit Ablauf des so genannten
Angebotszeitraums und hängt nicht ab von einem etwaigen Handeln der "F AG" (vgl. § 9
Abs. 3 der AGB). Als Zuschlag im Sinne des § 156
BGB könnte indessen allenfalls die Mitteilung von F an den Kläger gesehen
werden, dieser habe den "Zuschlag" erhalten. Diese per E-Mail erfolgte
Benachrichtigung ist aber keine Annahmeerklärung. Sie ist lediglich als
Information bezüglich eines bereits erfolgten Vertragsschlusses zu
qualifizieren (vgl. BGH aaO.; Wilkens aaO.). Dies ergibt sich schon aus § 9
Abs. 2 Satz 4 der AGB, worin festgehalten ist, dass F selbst weder Gebote
abgibt, noch Gebote von Mitgliedern entgegen nimmt.
Ein Kaufvertrag ist zwischen den Parteien aber nach den allgemeinen
Vorschriften der §§ 145 ff. BGB wirksam zustande gekommen.
Die Präsentation des BMW auf der F-Website durch den Beklagten ist als
Angebot zu qualifizieren. Es handelt sich dabei nicht um eine bloße
invitatio ad offerendum, also um eine unverbindliche Aufforderung zur Abgabe
von Angeboten. Bereits indem der Beklagte den Pkw zwecks Durchführung einer Online-
Auktion auf die F-Website eingestellt hat, hat er eine
verbindliche Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss eines
Kaufvertrages, abgegeben. Das Einstellen des Artikels ist so zu verstehen,
dass der Anbieter mit dem im Verlauf einer "Auktion" Höchstbietenden einen
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Kaufvertrag über den jeweiligen Artikel abschließen will.
Dies ergibt sich - allem voran - aus den AGB der "F AG",
denen der Beklagte, da die Nutzung der Teledienste der F-Website gemäß §
2 Abs. 1 S. 1 der AGB eine Anmeldung als Mitglied voraussetzt, auch
zugestimmt hat. Die Anmelden vollzieht sich durch die Eröffnung eines
Mitgliedskontos unter Zustimmung zu besagten AGB, welche auch in
elektronischer Form (online) wirksam vereinbart werden können, § 2 Abs.1
Satz 4 der AGB (LG Münster DB 2000, 663, 664; Taupitz/Kitter, Electronic
Commerce - Probleme bei Rechtsgeschäften im Internet, JuS 1999, 839, 844).
Der Beklagte muss sich an den Bestimmungen der AGB im Verhältnis zum Kläger
festhalten lassen, auch wenn er diese selbst nicht "gestellt" hat i.S.v. §
305 Abs. 1 S. 1 BGB. Die in ihnen enthaltenen Regelungen sind maßgebliche
Auslegungsgrundlage für die Willenserklärungen der Teilnehmer an
Internet-Auktionen bei F. Insbesondere wenn Verständnislücken im Verlauf
einer Internet-Auktion auftreten, können diese unter Rückgriff auf die durch
Anerkennung der AGB begründeten wechselseitigen Erwartungen der
Auktionsteilnehmer und deren gemeinsames Verständnis über die Funktionsweise der
Online-Auktion geschlossen werden (BGH NJW 2002, 363, 364). Indem sich deswegen
beide Parteien auch an § 9 der AGB zu orientieren haben, wonach ein Mitglied, indem es
als Anbieter zwecks Durchführung einer Online-Auktion einen Artikel auf die F-Website
einstellt, ein verbindliches
Vertragsangebot über diesen Artikel abgibt, ist dieses Verständnis auch als
Grundlage der Erklärungen des vorliegenden Vertragsschlusses vorauszusetzen.
Dieses Angebot war auch hinreichend bestimmt. Denn obwohl es sich nicht an
eine konkret bezeichnete Person richtete (ad incertas personas), war
zweifelsfrei erkennbar, dass der Beklagte mit demjenigen Auktionsteilnehmer
einen Kaufvertrag abschließen wollte, der innerhalb des festgelegten
Angebotszeitraums das Höchstgebot abgeben würde (vgl. § 9 Abs. 3 der AGB).
Unerheblich ist dem gegenüber der Einwand des Beklagten, ein Gebot über nur
63,00 EUR habe er nicht annehmen wollen. Denn selbst für den Fall, dass sich
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der Beklagte bei Abgabe seiner Willenserklärung deren verbindlichen
Charakters nicht bewusst gewesen sein sollte, etwa mangels hinreichenden
Erklärungsbewusstseins, liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende
bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und
vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der
Verkehrssitte als verbindliches Angebot aufgefasst werden durfte (BGHZ 91,
324; 109, 171, 177; Palandt-Heinrichs Einf v § 116 Rn. 17). Ein für den
Kläger nicht erkennbarer Vorbehalt auf Seiten des Beklagten, sich nicht
binden zu wollen, ist gemäß § 116 BGB unbeachtlich.
Durch das online abgegebene Gebot des Klägers über 63,00 EUR hat dieser
seinerseits eine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete
Willenserklärung abgegeben und damit die Annahme erklärt. Somit ist zwischen
den Parteien gemäß § 9 Abs. 3 der als Auslegungshilfe zugrunde liegenden AGB ein
Kaufvertrag zustande gekommen. Bereits aus der Gebotsübersicht (Bl. 4, 26 d. A.) ergibt
sich, dass das Gebot des Klägers das letzte und zugleich
höchste war. Dem sich vor dem Hintergrund des § 9 Abs.2 Satz 2 AGB - danach erlischt ein
Gebot, wenn ein anderer Bieter während der Laufzeit der Auktion ein höheres Gebot abgibt
- stellenden Problem, ob ein niedrigeres Gebot wieder auflebt, wenn das höhere noch vor
Auktionsende zurückgenommen wird, kommt daher vorliegend keine Bedeutung zu.
Der Kaufvertrag ist auch wirksam. Er ist insbesondere nicht wegen
Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1, 2 BGB nichtig. Denn neben einem
objektiv sittenwidrigen Handeln setzen der Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB
sowie der des Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB zusätzlich ein subjektives
Element voraus, etwa eine verwerfliche Gesinnung (Palandt-Heinrichs § 138
Rn. 34). Zwar dürfte beim Kauf eines Pkw im Wert von 8.500,00 EUR zu einem
Preis von 63,00 EUR von einem besonders krasses Missverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung auszugehen sein. Für ein besonders grobes, die
Sittenwidrigkeit begründendes Missverhältnis kann es dabei bereits
ausreichen, dass der Wert der Leistung doppelt so hoch ist wie der Wert der
Gegenleistung (Palandt-Heinrichs § 138 Rn. 34a).
Diese Bewertung geschieht indes nicht losgelöst von den konkreten Umstände
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des Einzelfalls und in Ansehung des Erfordernisses der Ausnutzung einer
Schwäche des Vertragspartners (Palandt-Heinrichs § 138 Rn. 67 ff.). Gerade
bei Internet-Auktionen wie der vorliegenden ist es deshalb nicht angebracht,
allein auf das Verhältnis von Preis und Leistung abzustellen. Denn die
Teilnehmer an einer solchen Auktion sind sich regelmäßig bewusst, dass die
Ermittlung der Höhe der Gegenleistung von anderen Faktoren als allein dem
üblichen Marktwert eines Artikels abhängt. Die Erwartung des Verkäufers,
durch geschicktes Einstellen eines Artikels ein möglicherweise besonders
gutes Geschäft zu machen, und dem gegenüber die Vorstellung des Bieters, im
richtigen Moment zu einem besonders günstigen "Schnäppchen" zu kommen,
gehören geradezu zum Wesen einer derartigen Vertragsanbahnung. Dass bei der Wahl
einer solchen Verkaufsplattform die Präsentation eines Artikel aber nur dann verbindlich
sein soll, wenn auch ein "angemessener" Preis erzielt wird,
wird nach dem Vorstehenden deswegen nicht zu folgern sein. Mit einer solchen
Sichtweise wäre überdies für sämtliche Internetversteigerungen die
Problematik eröffnet, dass grundsätzlich Unsicherheit darüber bestehen
würde, wann von einer die Verbindlichkeit des Rechtsgeschäfts begründenden
Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung ausgegangen werden kann
(Wilkens DB 2000, 663, 668).
Letztlich hat sich gerade der Beklagte, der sich nunmehr auf die
Sittenwidrigkeit beruft, für den Weg der Online-Auktion entschieden, um auf
diese Weise den Pkw auf unkomplizierte Weise zu veräußern. Er hat hierbei
den Pkw zu einem extrem niedrigen Startpreis von 1,00 EUR angeboten mit der
Folge, dass bereits zu diesem Preis die Annahme seines Verkaufsangebots
wirksam erklärt werden konnte. Dass eine krasse Unangemessenheit der
Gegenleistung in Form des letztgültigen Gebots - da, wie aufgezeigt, durch
den elektronischen Verlauf der Auktion stets möglich - von vornherein zur
Unwirksamkeit des Vertrags führen soll, ist schon vor diesem Hintergrund
nicht ersichtlich.
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Der Kaufvertrag ist auch nicht wegen Anfechtung unwirksam geworden.
Eine Anfechtung scheitert zwar nicht schon an der Frist des § 121 Abs.1 BGB,
wonach in den Fällen der §§ 119, 120 BGB unverzüglich nach Kenntnis des
Anfechtungsgrundes gehandelt werden muss. Hier erfolgte die Anfechtung durch den
Beklagten am 20.04.2004, also vier Tage nach Kenntnis des
streitgegenständlichen Vertragsschluss vom 15.04.2004 und damit noch
unverzüglich im Sinne der Norm.
Eine Anfechtung scheitert jedoch am Anfechtungsgrund. Der Beklagte hat nicht
dargelegt, einem Erklärungs- oder Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1
BGB unterlegen zu sein. Er macht zwar geltend, ein Gebot über 63,00 EUR habe er "nie
annehmen wollen". Darin ist jedoch kein Fehler in der Erklärung oder ein Irrtum über deren
Bedeutung oder Tragweite zu sehen. Denn es stand - wie bereits ausgeführt - dem
Beklagten nicht zu, ein Gebot, das mindestens 1,00 EUR betragen hätte, anzunehmen oder
abzulehnen. Er kann ferner nicht damit gehört werden, dass er - auch wenn dies im Bereich
der §§ 119 ff. BGB ohne Belang ist -, wenn er mit einem so geringen Höchstbetrag
gerechnet hätte, den Pkw nicht zu einem Startpreis von 1,00 EUR eingestellt hätte. Denn
als er den streitgegenständlichen BMW am 05.05.2004 erneut unter einer anderen
Artikelnummer auf die F-Website einstellte, geschah dies unter den selben Bedingungen
und wiederum zu einem Startpreis von 1,00 EUR. Trotz Kenntnis der Sachlage und dem
neuerlichen Risiko, wieder einem geringen Höchstgebot ausgeliefert zu sein, legte er auch
diesmal keinen abweichenden
Mindestbetrag fest.
Auch aus § 120 BGB ergibt sich kein relevanter Anfechtungsgrund. Danach kann eine
Willenserklärung, welche durch eine zur Übermittlung verwendete Person oder Einrichtung
unrichtig übermittelt worden ist, angefochten werden. Zwar fungiert F gemäß § 164 Abs. 3
BGB als Empfangsvertreter sowohl des
Beklagten als auch des Klägers (BGH NJW 2002, 363, 364). Ein Fehler ist
jedoch im Rahmen dieser Übermittlung nicht unterlaufen.
Nach alledem hat sich bei der vorliegenden Fallgestaltung in der Person des
Beklagten allein das Risiko desjenigen realisiert, der die Möglichkeiten der
Vertragsanbahnung durch eine Internet-Plattform nutzt und dabei ohne weitere
Vorsichtsmaßnahmen - wohl zur Steigerung der Attraktivität des eigenen
Angebotes - einen extrem niedrigen Startpreis angesetzt hat. Dass er noch im
Verlauf der Auktion ein deutlich höheres Gebot erhalten hatte und auf dessen
Bestand bis zum Ablauf der Auktion vertraute, ist dabei allein seiner
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Risikosphäre zuzuordnen. Der Kläger jedenfalls - hiervon musste der Beklagte
bei dem Einstellen des Artikels ausgehen - konnte seinerseits auf die
Verbindlichkeit des ihm übermittelten Gebotsbetrags von 63,00 EUR vertrauen.
Der Kläger hat auch nicht wirksam auf seinen Anspruch aus dem Kaufvertrag
verzichtet. Hierzu bedurfte es gemäß § 397 BGB eines gegenseitigen Vertrags,
für dessen Bestehen nichts vorgetragen ist. Aber auch unter dem
Gesichtspunkt von Treu und Glauben (venire contra factum proprium) ist er
nicht gehindert, seine vertraglichen Ansprüche weiter zu verfolgen. Es fehlt
bereits an einer ausdrückliche Erklärung eines - vom Beklagten
herangezogenen - Anspruchsverzichts. Denn der Kläger weist in seinem
Schreiben vom 18.05.2004 lediglich auf die Tatsache hin, dass ihm die für
die Rechtsverfolgung nötige finanzielle Mittel fehlten. Zum anderen ist die
dem "Anspruchsverzicht" zugrunde liegende Bedingung bislang nicht
eingetreten. Denn allenfalls bei Rückerstattung des bereits gezahlten
Kaufpreises sollte auf die Übereignung des streitgegenständlichen Pkw
verzichtet werden. Eine Rücküberweisung hat nicht stattgefunden. Der
Beklagte hat daher das "Verzichtsangebot" des Klägers weder ausdrücklich
noch konkludent angenommen. Gemäß §§ 146, 147 Abs. 2 BGB erlischt ein
gegenüber einem Abwesenden gemachter Antrag, wenn er nicht rechtzeitig
angenommen wird. Rechtzeitig ist eine Annahme nur, wenn der Antragende ihren Eingang
unter regelmäßigen Umständen noch erwarten darf. Mit einer Annahme musste der Kläger
aber Mitte Juni nicht mehr rechnen. Insofern kam es auf die Rücknahme seines Angebots,
die er zusätzlich am 11.06.2004 erklärte, gar nicht mehr an.
Indem der Beklagte dem Kläger den Pkw nicht übereignet hat, hat er eine
Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB begangen. Denn er ist seiner
Leistungspflicht aus dem Schuldverhältnis gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB nicht
nachgekommen. Die Fristsetzung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB ist wegen § 281
Abs. 2 entbehrlich, da der Beklagte mit Schreiben vom 20.04.2004 ernsthaft
und endgültig die Erfüllungsverweigerung erklärt hat. Im Übrigen ist der
gegenständliche Pkw mittlerweile an einen Dritten veräußert worden.
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Dem Kläger ist dadurch ein Schaden in Höhe von 8.500,00 EUR entstanden.
Nach unbestrittenem Vortrag hat der Pkw BMW zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses einen Marktwert i.H.v. 8.500,00 EUR gehabt. Dieser Wert
steht dem Kläger aus dem Kaufvertrag zu und war deswegen Inhalt der dem
Beklagten obliegenden Leistungspflicht im Sinne des positiven Interesses. Da
der Kläger den Kaufpreis i.H.v. 63,00 EUR bereits überwiesen und nicht
zurückerhalten hat, ist der genannten Betrag auch in voller Höhe als Schaden
zu beanspruchen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Streitwert: 8.500,00 EUR